Innerparteiliche Transparenz, BEO und SMV

veröffentlicht von Esmeralda, geändert am , 5 Kommentare
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Die Piratenpartei, das sagte ich in meinem letzten Post bereits, steht für Transparenz. Sie ist einer der wichtigsten Mechanismen der Politik - ohne sie entsteht Mißtrauen und Ablehnung. Das ist nicht nur bezüglich solcher Vertragswerke wie CETA so, sondern auch innerhalb von Parteien. Gerade wenn es sich um eine sehr kleine Partei handelt, innerhalb derer man sich kennt, ist Tansparenz unabdingbar.

Am 26.10.2016 habe ich den Bundesvorsitzenden der Piratenpartei Deutschland angeschrieben wegen einiger seiner Äußerungen zum Thema innerparteiliche Partizipation. Zugesagt hatte er mir die Antwort bis zum 1.11.2016. Nachdem bisher leider nichts bei mir eingetroffen ist, mache ich aus dem persönlichen Anschreiben einen offenen Brief. Ich hoffe sehr, damit eine innerparteiliche Diskussion anzustoßen, die seit längerem fällig ist. Hier der Brief, die Zitate sind wörtliche Mitschriften aus der Aufzeichnung der Bundesvorstandssprechstunde vom 3.10.:

Lieber Pakki,

am 3.10. hast du dich im Rahmen der Bundesvorstandssprechstunde wie folgt geäußert:

"Ich habe Kontakt aufgenommen zu einigen Akteuren auf Bundesebene, die mit dem Thema Liquid Feedback und auch SMV arbeiten, darunter sind auch Player, die mal Mitglieder der Partei waren, die sich jetzt im NGO-Bereich tummeln und an einer Neuentwicklung arbeiten von Liquid Feedback, weil alle, die irgendwo mal ernsthaft mit Liquid Feedback zusammengearbeitet haben oder mit der Software gearbeitet haben, sind der Meinung, dass das Tool sehr viel technischen Overhead hat und sehr viel umständlich ist zu administrieren. Das heißt, was das angeht, bin ich auf jeden Fall in der Weiterentwicklung dran, ich bin auch mit einigen Landesverbänden und auch dem Bundesdatenschutzbeauftragten in Kontakt und wir versuchen da erstmal, diese Landesebene weiter nach vorne zu bringen."

Und weiter:

"Ich erwarte nicht, dass wir auf Bundesebene jetzt, zum nächsten Parteitag schon den Satzungsänderungsantrag für eine SMV haben werden, dafür ist es noch verfrüht, aber, ich sag mal so, ich fange spätestens, wenn die erste oder die zweite SMV in den Landesverbänden läuft, damit an, diese Satzungsänderungsanträge vorzubereiten, ich bin auch schon in der Planung für eine erneute SMV, eine sogenannte SMV-Con mit ein paar Leuten, die wird voraussichtlich irgendwann im Januar stattfinden, es gibt auch Bewegung außerhalb der Piratenpartei, die sehr viel, ja, wie sagt man, sehr viel Hoffnung in die Piratenpartei setzt, weil sie denken, wir sind die einzige Partei, die das überhaupt, die überhaupt dazu in der Lage ist, sowas anzusetzen und sowas umzusetzen, insofern bleibt es spannend und glaub mir, ich bin wie so ein kleiner Wadenbeißer, wenn ich ein Thema hab, in das ich irgendwie verliebt bin, dann lass ich da nicht locker. Und wenn ihr mir da irgendwie querschießt und sagt irgendwie, wir wollen das nicht, dann macht euch schon mal auf böse Wunden in eueren Unterschenkeln gefasst."

Beim Nachlesen Deines Wortbeitrages fällt dir vielleicht auf, dass der zweite Teil wie eine Drohkulisse wirkt.

Ich denke, nach der oben genannten Sprechstunde ist uns allen klar, dass dir vor allem daran liegt, das Thema Onlinepartizipation voranzutreiben und der Partei möglichst bald ein funktionierendes System zur Verfügung zu stellen. Dazu habe ich (und viele andere Piraten sicher auch) Fragen. Vorneweg, damit du mich nicht falsch verstehst: Ich habe nichts dagegen, wenn du dich in das Thema Liquid Feedback hängst; du brauchst mir also keinerlei Warum und Wieso zu erklären - Was ich brauche, sind klare, belastbare Aussagen.

Und los geht's:

  1. Inwieweit waren deine Vorstandskollegen über deine Aktivitäten bezüglich SMV und Liquid Feedback informiert?
  2. Wer sind die Akteure auf Bundesebene, die du kontaktiert hast? Inwieweit arbeiten sie mit dem Thema Liquid Feedback und SMV?
  3. Wer sind die ehemaligen Mitglieder der Partei und in welchen NGOs tummeln sie sich?
  4. Ist dir bewußt, dass Sachsen die SMV inzwischen aus der Satzung gestrichen hat? Mit wem bist du im LV Sachsen bezüglich der SMV im Kontakt?
  5. Darf ich aus deinen weiteren Ausführungen schließen, dass du den BEO maximal als eine Art Brückentechnologie verstehst, die abgeschafft werden soll, sobald SMV/Liquid Feedback "Bundesreife" erreicht haben?
  6. Wer wird an der SMV-Con teilnehmen? Wird es dazu rechtzeitig vorher eine entsprechende Bekanntmachung geben?
  7. Das Herzstück von Liquid Feedback war das Delegationssystem - das war es ja auch, was diesem Tool seinen Namen gab; also das Herunterfließen von Delegationen über mehrere Teilnehmer. Ist die Systematik in Liquid Feedback immer noch die, dass Delegationen über mehrere Teilnehmer hinweg durchgereicht werden können?
  8. Gibt es zumindest die Folien von deinem Vortrag auf dem E-Vote-ID 2016? Eine Aufzeichnung wäre natürlich grandios, ich würde mir das gern ansehen.
  9. Nachdem das mit der Sprechstunde am 24.10. ja offensichtlich nicht geklappt hat: Wann dürfen wir denn mit deinem Bericht über den Kongress rechnen? Ich persönlich wäre hoch begeistert über eine schriftliche Zusammenfassung im Vorstandsportal.

Insgesamt ist mir außerordentlich wichtig, dass du Transparenz herstellst. Gerade das Thema Liquid Feedback ist außerordentlich heikel, weil vermittels dieses Tools vielen Menschen in der Piratenpartei übelst mitgespielt wurde. Wenn du also Liquid Feedback wieder in den Einsatz auf Bundesebene bringen möchtest, ist es essentiell, dass alle Piraten wissen:

  • Wer war Initiator bzw. wessen Idee war es Liquid Feedback zu reanimieren?
  • Wer sind die Beteiligten / mit wem zusammen soll die Umsetzung geschehen?
  • Wie ist die weitere Vorgehensweise geplant?
  • Was wurde bereits mit wem besprochen?
  • Welche Vereinbarungen (mündlich/textlich/schriftlich) sind in Aussicht gestellt oder getroffen worden?

Wenn du vorhast, die Satzung dahingehend zu ändern, dass auf lange Sicht eine SMV mit Liquid Feedback auf Bundesebene eingeführt werden soll, sollte die Erarbeitung der Satzungsänderungsanträge so öffentlich wie irgend möglich stattfinden. Schon zum jetzigen Zeitpunkt hast du das Problem, dass sich einige Leute gewaltig überfahren fühlen und fürchten, dass die Zustände wiederhergestellt werden könnten, die vor dem aBPT herrschten.

Bitte beantworte mir meine Fragen klar, deutlich und leicht verständlich; zum Einen,um Missverständnisse zu vermeiden und zum Anderen,damit bereits jetzt mit der Herstellung von Transparenz in dieser sicher nicht unbelasteten Angelegenheit begonnen werden kann. Es erleichtert vieles, wenn man auf Zitate/Antworten verweisen kann,die schriftlich vorliegen -das lässt am wenigsten Raum für Spekulationen.

Dir vielen Dank.

Kommentare

Stefan

schrieb am

Liquid Feedback war mal das Alleinstellungsmerkmal der Piratenpartei und das Versprechen auf eine barrierearme innerparteiliche gleichberechtigte Willensbildung. Stattdessen hält die Partei an einer Simulation von Basisdemokratie fest, bei der der immergleiche kleinerwerdende Kreis derjenigen, die zum BPT reisen können, alle Entscheidungen trifft.

Das wird auch so bleiben, weil oberlehrerhafte Leute wie die Autorin dieses Postings dafür sorgen werden, dass alles so bleibt und am besten der charismatische Netzpolitiker Sekor zurückkomt.

Stefan

schrieb am

Liquid Feedback ist ein Problem auf der Suche nach einer Lösung. Sorgt nicht für Beteiligung, sondern verhindert sie.

Bastian

schrieb am

Ist denn eine ernsthafte Diskussion überhaupt vorgesehen? Warum stellt man sich nicht dem technischen Problem, dass eine datenschutzkonforme und für den Teilnehmer nachprüfbare Abstimmung nicht möglich ist?

Wer sind denn diese NGOs? LQFB Erfurt?

Wir sehen an dem peinlichen Vorgehen zum BEO, wie leicht auch noch das letzte Porzellan zerschlagen werden kann. Hier sollte man mal ein Transskript aus den diversen Vorstandsdiskussionen zusammentragen.

Was wir benötigen, ist eine einfache Beteiligungsmöglichkeit, die nach und nach ausgebaut wird. Delegation(sketten), sind der Aufbau einer Machtstruktur. Dafür ist das notwendige Vertrauen nicht (mehr) gegeben.

Eine perfekte Lösung, die auch noch ansatzweise finanzierbar ist, wird es nicht geben. Aber Wege dahin. Einiges wird ja bereits gemacht, aber nicht diskutiert.

Thomas

schrieb am

Vielleicht kann ich etwas weiterhelfen:

Der "Akteur auf Bundesebene" ist der Verein LiquidErfurt, der wiederum in enger Verbindung zum sogenannten Glitzerkollektiv (aka Plattform Brandenburg, aka Progressive Plattform, aka Foyerpiraten) stehen. Das sogenannte Glitzerkollektiv will ja mal eine Partei auf Bundesebene werden und auch LiquidErfurt hatte wohl vor, einen bundesweiten "Dachverband" zu Gründen. Beide Projekte scheinen aber zu stocken.

Bei den Ex-Piraten handelt es sich um Jörg Preisendörfer und seine Clique. Mindestens einer der Erfurter war wohl auch mal Pirat. Das Glitzerkollektiv ist Mitglied bei den Erfurtern und demnächst wohl auch der LV Berlin der Piraten (siehe Antrag X005 auf der LMVB163). Auf Antrag Preisendörfers sollte auch Peira e. V. Mitglied bei LiquidErfurt werden, was diese allerdings abgelehnt haben. Daraufhin kam es zum Streit.

Mit anderen Worten: Da versucht jemand die Uhr zurückzudrehen.

Werner Niedermeier

schrieb am

Ich habe in einem AK der Piratenpartei erlebt, dass jemand kam und meinte: Ich hab 200+ Leute in meiner Delegation. Wenn ihr das und das und das ändert, unterstütze ich euch (und mit den 200 Leuten ist das dann so gut wie durch), wenn ihrs nicht ändert, dann nicht.

Derartige Machtspielchen sind nicht mein Ding. Daher bin ich gegen ein Liquid Feedback mit Delegationen. Über alles andere wie Datenschutz, Sicherheit usw. kann man sicherlich reden.

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