Die Rache der Nichtraucher

veröffentlicht von Esmeralda, 6 Kommentare
Das Land Bayern hat das härteste Rauchverbotsgesetz. Das haben wir jetzt davon.

Ja, toll. Bayern raucht nicht mehr. Jedenfalls in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten. Mich stört das, denn ich sehe eigentlich nicht ein, wozu ich auch noch für Speisen und Getränke bezahlen soll, wenn ich zum Rauchen rausgehen muss. Das kann ich auch zuhause haben; das Rausgehen, jedenfalls. Speisen und Getränke sind deutlich preiswerter, dafür ist der Service natürlich nicht ganz so doll. Aber nun gut: Herr Seehofer hat nur unser Wohl und unsere Gesundheit im Auge und also werden wir vor dem giftigen Qualm geschützt, ob es uns nun gefällt oder nicht. Und sowas von einem, der noch nicht mal weiss, wie man ein Gummitütchen benutzt. Ähem.

Die Herrschaften von der bayerischen Landesregierung wollten ja schon vielen Menschen Schutz vor ihren eigenen mehr oder weniger schlechten Angewohnheiten angedeihen lassen. Hatten sie doch schon mal die Übergewichtigen im Auge und auch die "Extremsportler" (darunter sind beispielsweise auch Skateboardfahrer zu verstehen), für die sie sich ausgedacht hatten, dass diese Menschen höhere Krankenkassenbeiträge zahlen müssten, weil sie ihre Gesundheit aufs Unverantwortlichste gefährdeten. Da gab's auch mal die stark übergewichtige Dame, die nicht verbeamtet werden sollte, eben weil sie übergewichtig war. Das war noch zu Franz Josef Straußens Zeiten. Der war auch kein Beamter. Naja, da kann man ihm wenigstens nicht nachsagen, er sei ungerecht gewesen.

Ja, so sehr es mich für die Nichtraucher freut, dass sie jetzt ein Bierchen trinken und trotzdem atmen können, so sehr ärgert es mich, dass da ins andere Extrem umgeschwenkt werden musste. Es hätte ja noch -zig andere Lösungen gegeben, die eventuell dann doch die friedliche Koexistenz von Rauchern und Nichtrauchern in Gaststätten gewährleistet hätte. Man hätte beispielsweise sagen können, dass in Speiselokalen gefälligst nicht geraucht werden soll. Das ist schon insofern vernünftig, als da doch öfter mal Menschen mit ihren Kindern anzutreffen sind. Dass der Qualm für die ganz besonders schlecht ist, steht völlig ausser Zweifel. Warum renn' ich wohl zuhause für jede Kippe zwei Stockwerke runter vor die Tür? Genau, darum. Dann könnte ein Speiselokal, so wie es früher auch mal gang und gäbe war, eine Bar haben, also einen Raum, der vom Speiselokal vollständig getrennt existiert, wo der Raucher an sich seinen Aperitif und nach dem Essen einen Degistif[1] zu sich nehmen könnte und niemanden, der am Essen ist mit den Düften aus seiner Kippe belästigte. Auch in Kneipen wäre diese Lösung mit dem abgetrennten Raucherraum durchaus denkbar und so wird's ja auch in diversen anderen Bundesländern gehandhabt. Nur in Bayern braucht man für sowas eine geschlossene Gesellschaft. Achja, ich wollte ja nicht mehr meckern.

Nun, gestern dachte ich mir, ich gehe mal los und schaue mir an, wie es in den nächstliegenden gastronomischen Betrieben so aussieht. Mein erster Besuch galt dem Café Mengin. Dort wird konsequent nicht geraucht, was den Geruch in diesem Lokal nicht wirklich zum Besten wendet. Ich würde mal sagen: Kaffee, Torte, Attends. Auch der Thai am Hugo, der früher ein wirklich guter Italiener war, wird ob des exzessiven Gebrauchs von heissen Ölen nicht wirklich von diesem Gesetz profitieren. In den beiden anderen Lokalen, die in der Nähe sind, saßen deutlich weniger Mitmenschen als das an einem ersten Januar nachmittags zu erwarten wäre und ganz schlimm wurde es beim Blick in die Kneipe am Bahnhof, die jetzt nicht mehr Sausalitos heisst, aber eine Cocktailbar geblieben ist: Satte fünf Gäste. Wenn das so bleibt, wird es eine harte Zeit für Gastronomen - zumindest bis der Sommer kommt, denn in Biergärten und Straßencafés darf ja noch geraucht werden.

Jetzt haben jedenfalls die Nichtraucher die Gelegenheit, alle Unkenrufe Lügen zu strafen und zu zeigen, dass sie die Raucher problemlos ersetzen können. Auch die nichtrauchenden Gastronomen, die das Rauchen in ihren heiligen Hallen bisher nur widerwillig gestattet hatten (und auch nur, weil sie glaubten, dass ja sowieso keiner kommen würde, wenn sie's nicht erlaubten) können jetzt ihr Durchhaltevermögen unter Beweis stellen. Yeah, go, Nichtraucher, go!

Und damit wir (also die Raucher, jetzt) unsere Minderwertigkeit auch richtig zu spüren bekommen, gibt's hier und da einen richtig dicken Ätsch-Effekt. Wie zum Beispiel vor dem oben erwähnten Windelduft-Café: Dort stand heute direkt vor der Eingangstür ein Bistro-Stehtisch mit zwei Barhockern daneben. Auf dem Tisch ein güldener (!) Aschenbecher und vor dem Aschenbecher ein Schild, das ein Museums-Ausstellungsstück hätte kennzeichnen können. Darauf stand: "Raucher-Tisch".

Ja, wenn wir Raucher von jetzt an auch keine Gesundheit[2], keine Zufriedenheit und keine Reservate mehr haben, so haben wir doch die Genugtuung, dass uns Spott und Hohn der Nichtraucher bleiben. Herzlichen Dank, Herr Seehofer.

[1]Alles Angabe, mit diesen Fremdwörtern[1.1]. Man kann das auch "Magenwärmer" und "Verdauungsschnaps" nennen. Aber frongsösisch isses natürlich vornehmer.
[1.1]Und was ein richtiger Angeber ist, der weiss auch nicht, wie man sie schreibt. Wie gut, dass es Siechfred gibt! ;oD
[2]Wir werden ja auch nicht mehr dazukommen, an Lungenkrebs zu sterben; bei den Temperaturen rafft uns die Lungenentzündung schnell, sauber und wirtschaftlich dahin.

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