Tanzverbot

veröffentlicht von Esmeralda, 3 Kommentare
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Es ist Ostern. Am Karfreitag wurde wieder gegen das Tanzverbot an stillen Feiertagen demonstriert und argumentiert. Nun ist das Tanzverbot (das eigentlich ein Vergnügungsverbot ist) nur eine Facette eines komplexen Themas.

Menschen, die sich alljährlich am Karfreitag gegen das Tanzverbot an stillen Feiertagen aussprechen, haben es schwer. Das liegt vor allem daran, dass sie die - durchaus vernunftbegabte - Gegenargumentation so schwer entkräften können. Die lautet einerseits, dass man sich bitte nicht so haben möge, man könne ja wohl ohne weiteres Mal aus Rücksicht auf die zarten Christenseelen einen Tag aufs Tanzen verzichten, andererseits wird darauf hingewiesen, dass es doch recht lächerlich wirke, wenn "Leute, die seit sechs Jahren in keinem Club mehr waren, auf einmal alle tanzen wollen".

Die Argumentation der Tanzverbotsgegner läuft ebenso stereotyp auf denselben Schienen: Einerseits mit der Frage, warum denn die oben erwähnten zarten Christenseelen so bedürftig nach mehr Rücksicht seien als die der übrigen Bevölkerung, die tanzen wolle, andererseits wird oft genug darauf hingewiesen, dass man ein Recht sehr wohl einfordern könne, auch wenn man es nicht nutze. So wird das Tanzverbot zum Symbol für staatlich verordnete Freiheitsberaubung, gegen die man sich dringend zur Wehr setzen muss.

Dabei sollte es uns um etwas völlig anderes gehen, nämlich darum, dass der Staat seinen Bürgern unabhängig von deren tatsächlichem Glaubensbekenntnis die christlichen Feiertage als die maßgeblichen vorschreibt. Und das, obwohl unser Grundgesetz Religionsfreiheit explizit garantiert.

Eben das sollte eigentlich der Inhalt der Kritik sein. Inzwischen leben wir in einer multikulturellen Gemeinschaft. Es gibt in Deutschland mehrere christliche Glaubensgemeinschaften, die übrigens ihre Hochfeiertage auch zu unterschiedlichen Zeiten haben, es gibt recht viele Muslime, es gibt Buddhisten - ganz zu schweigen von Atheisten und Agnostikern, die sicherlich keine Religionsgemeinschaften sind, aber auch einen Standpunkt zur Religion haben.

Insofern sollten wir als Gesellschaft umdenken und durchzählen, wie viele religiöse Feiertage es in den einzelnen Gemeinschaften so gibt und dann dafür sorgen, dass die Anzahl dieser Tage als zusätzliche Urlaubstage zur Verfügung steht. Natürlich wäre dann die Diskussion um stille Feiertage obsolet, denn dann feiert jeder für sich dann, wenn es an der Zeit ist und hält sich dann eben von den Vergnügungsetablissements fern. Die finden sich ja sowieso sehr selten in der Nähe von Kirchen oder Wohngebieten, insofern dürfte es kein Problem sein.

Schwierig wird es für diejenigen Institutionen, die sehr festgefügte Zeitabläufe haben - beispielsweise Schulen und Universitäten. Hier müßten dann flexiblere Möglichkeiten geschaffen werden. Aber auch das ist meiner Ansicht nach durchaus möglich. Die Tourismusindustrie wäre dann wohl auch zur Flexibilisierung gezwungen, denn die Saisonzeiten gäbe es so nicht mehr unbedingt.

Insofern ist die alljährliche Forderung nach Aufhebung des Tanzverbots sicher begründet und bestimmt berechtigt - aber dadurch, dass eben nur die Freiheit gefordert wird, sich vergnügen zu dürfen, wann man das möchte, torpediert man meiner Ansicht nach die eigenen Absichten.

Kommentare

TheBug

schrieb am

Find ich gut, diese Sache mit dem "konsequent" :)

Fulleren

schrieb am

Jede Gemeinschaft ist definiert durch ihre Geschichte, ihre Werte und ihre Regeln. Die europäische Geschichte ist seit bis zu 2000 Jahren stark durch den christlichen Glauben bzw. die christlichen Kirchen geprägt worden. Karfreitag und Ostersonntag sind die wichtigsten Gedenktage bzw. Feiertage. Unser Rechtssystem inklusive des Grundgesetzes greift Ideen des christlichen Glaubens und der Reformation auf. Auch als Atheist, Agnostiker oder Anhänger einer anderen Religion sollte man wissen, was die Kultur des Landes in dem man lebt ausmacht.

Integration funktioniert nur, wenn allen Beteiligten auch klar ist, in was für eine Kultur sie sich integrieren. Eine Integration in Beliebigkeit ist nicht möglich, daher ist jeder Bürger aufgerufen die kulturelle Identität zu kennen und zu leben.

Das Tanzverbot ist auch gerade deshalb ein schlechtes Beispiel, da es sich nur auf das öffentliche Tanzen bezieht. Jeder der tanzen möchte, kann das in privatem Rahmen (in NRW in Innenräumen) tun.

Stefan

schrieb am

Die Sonntagsruhe ist genauso wie kirchliche Feiertage geschützt: Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 139 Weimarer Verfassung. Die Sonntagsruhe hat genauso christlich-religiöse Wurzeln. Wenn man christliche Feiertage abschaffen will, wäre es konsequent, auch den Sonntag als gesetzlich freien Tag abzuschaffen. Immerhin feiern Moslems den Freitag und Juden den (Großteil) des Samstags und nicht den Sonntag und es gibt bestimmt auch Atheisten, die lieber sieben Tage die Woche durcharbeiten wollen und stattdessen lieber 80 Urlaubstage hätten. Und was ist mit denen, die am liebsten Dienstag bis Donnerstag frei hätten?

Dass das niemand ernsthaft fordert, könnte ein Zeichen sein, dass die Argumentation mit den christlichen Feiertagen nicht so überzeugend ist. Tatsächlich scheinen die allermeisten Menschen in Deutschland die freien Tage gern mitzunehmen, egal, ob und welchen Glauben sie haben.

Und das hat meines Erachtens damit zu tun, dass jeden Gesellschaft einen Minimalvorrat an Gemeinsamkeiten braucht, um zu funktionieren. Das können vielleicht auch gemeinsame Feiertage sein, an denen man im Park wildfremde Leute trifft, die auch mit ihren Kindern Ostereier suchen.

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