Vom Wert der äußeren Form

veröffentlicht von Esmeralda
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Anreden sind ja ein unglaublich kompliziertes Thema. Auch die Formulierung schriftlicher Kommunikation scheint für manche Menschen mit großen Schwierigkeiten verbunden zu sein. Nachdem dies alles im Auge des Betrachters liegt, erzähle ich hier von meinem persönlicher Umgang damit.

Neulich erst kam wieder eine Mail in meinem Postfach an, die mir doch ein wenig den Atem verschlug. Sie wurde an einen größeren Verteiler gesandt, eine Person aus dem Kreis wurde direkt angesprochen und es wurden Forderungen an diese Person gerichtet. Der Ton war nach meinem Empfinden hart an der Grenze zur Unverschämtheit, der Inhalt zeugte von einem eklatanten Mangel an Information zum Thema, die Anrede erfolgte in der zweiten Person Singular, sprich: Es wurde geduzt.

Nun, die Antwort der angesprochenen Person fiel entsprechend aus, zurück kam dann etwas, was bereits die Grenze zur Unverschämtheit überschritt, Menschen aus dem Kreis derer, die die Mails ebenfalls erhalten hatten, antworteten in doch einigermaßen konsternierter Weise und die Antworten der Person, die den Personenkreis angeschrieben hatte, wurden von Mail zu Mail unerträglicher.

Das ist dann der Moment, in dem ich mich bemüßigt fühle, eine sehr formelle, sehr sachlich formulierte Mail zu schreiben, um der Angelegenheit die emotionale Komponente zu nehmen und auf die Sachebene zurückzukehren. Wenn es sich - wie im angesprochenen Fall - um eine Person handelt, die ich nicht kenne und mit deren Namen ich nichts anfangen kann, greife ich gern auf die förmliche Anrede "Sie" zurück, einfach auch um zwischen mich und die emotional aufgeladene Person einen gewissen Abstand zu bringen.

Bedauerlicherweise gibt es immer noch Menschen, die sachliche, sprachlich korrekte und formwahrende Kommunikation als Herabsetzung der eigenen Person sehen. Das wird dann sichtbar, wenn sie sich in der Antwort auf solche Mails am förmlichen Ton stoßen, demjenigen, der förmlich antwortet, vorwerfen, er würde Engagement zerstören, demotivieren oder was auch immer.

Deswegen hier der Hinweis: Wenn ich jemanden nicht duze, bedeutet das nicht "ich finde dich doof und du kannst mich mal", sondern es bedeutet "die Art, in der Sie mich hier ansprechen, befremdet mich zutiefst, ich möchte etwas Abstand und bitte Sie, auf der Sachebene zu bleiben". Man kann sich irgendwann sicher mal zusammensetzen und die negativen Gefühle, die durch Unsachlichkeiten ausgelöst wurden, wieder neutralisieren. Nichtsdestoweniger werde ich auch weiterhin vor allem im Schriftlichen so verfahren, denn ich bin der Ansicht, dass es nichts bringt, wenn man sich gegenseitig schreibt, was man sich im persönlichen Kontakt nicht gegenseitig an den Kopf zu werfen wagte.

Ich hoffe also, wir alle können uns darauf einigen, auch im Schriftlichen das Verhalten eines durchschnittlich wohl erzogenen Mitteleuropäers an den Tag zu legen, unsere Anliegen sachlich zu formulieren und die persönliche Ebene im persönlichen Gespräch zu klären.

Und weil wir gerade bei diesen Kniggigkeiten sind: Ich bin, was die Vertretung der Piratenpartei nach außen anbelangt, schon auch auf ein Mindestmaß an Kinderstube bedacht. Menschen, die die Piratenpartei zu bestimmten Themen vertreten und bei einer öffentlichen Veranstaltung (dazu zählen auch unsere Mumblesitzungen) derart zugedröhnt sind, dass sie nicht mehr deutlich sprechen können, halte ich persönlich für vollkommen ungeeignet, die Themen der Partei nach außen zu kommunizieren.

Auch das Ausleben der eigenen Emotionen bezüglich anderer Parteimitglieder in der öffentlichen Kommunikation via Social Media halte ich für ausgesprochen ungezogen; sicher habe ich dafür Verständnis, wenn in der Hitze des Gefechts mal ein Satz fällt, der hätte unterbleiben können (oder müssen). Ich bin selbst nicht frei von Emotionen und reagiere wahrlich auch nicht immer so, wie es wünschenswert wäre.

Wichtig ist, dass man sich im Nachgang klar macht, was da jetzt gerade passiert ist und sich überlegt, wo der bessere Weg wäre. Eines ist sicher: Die Blechtrommel schlagen und kreischen ist auf jeden Fall der falsche Weg.

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